Platons Höhle und die Geschichte Deines Lebens
von Ruediger Schache & Nicole Diana | Gründer von SpirifyYourLife
Liebst Du gute Geschichten in denen Weisheit für das Leben steckt?
Das folgende, über zweitausend Jahre alte Höhlengleichnis des griechischen Philosophen Platon (400 v.Chr.), ist eine der bedeutendsten Weisheitsgeschichten der Menschheit. Niemand hat je besser beschrieben, was auch Du erleben wirst, wenn Du Dir tiefere Fragen stellst und dabei aus Illusionen erwachst. Verstehe das Höhlengleichnis und Du verstehst viele zwischenmenschliche Ereignisse in Deinem Leben.
Wir haben die Geschichte für Dich in die heutige Sprache gebracht, Inhalt und Botschaft sind unverändert.
1. Die Gefangenen
Stelle Dir eine Höhle vor. In der Mitte der Höhle steht quer eine mannshohe Mauer. An die Mauer gekettet, mit Blick zum Inneren der Höhle sitzen Gefangene. Alle blicken gemeinsam an die gegenüberliegende Höhlenwand. Da ihre Köpfe fixiert sind, sehen sie vor ihren Augen nichts anderes als diese Höhlenwand. Weil auch ihre Körper angekettet sind, können sie nicht einfach aufstehen und die Höhle erkunden.
Die Bewegungsmöglichkeiten der Höhlenbewohner sind also gering und entsprechend ist ihr Wissen über die Welt eng begrenzt. Gleichzeitig ist ihnen das gar nicht bewusst, denn sie kennen es ja nicht anders.
Auf der Höhlenwand, auf die alle Höhlenbewohner blicken, sind bewegliche Schatten zu sehen – von Menschen, Tieren, Pflanzen, Wolken. Weil die Höhlenbewohner noch nie etwas anderes gesehen haben, als diese Schatten, glauben sie, das wäre die Realität. Sie unterhalten sich über die Schatten, beobachten und erforschen sie und tauschen sich über ihre Entdeckungen untereinander aus. Vielleicht gäbe es unter den Höhlenbewohnern sogar einige »Schattenwissenschaftler«, die hohes Ansehen genießen.
2. Die Entdeckung
Nun stelle Dir vor, es würde einem der Gefangenen gelingen, sich aus seinen Ketten zu befreien. Er steht auf und blickt sich in der Höhle um. Dabei entdeckt er hinter sich, oberhalb jener Mauer an der seine Freunde noch angekettet sitzen, den Ausgang. Von dort aus fällt das Tageslicht nach unten auf die Höhlenwand. Immer wenn Menschen oder Tiere an dem oberen Höhlenausgang vorbei ziehen, werfen sie ihre Schatten auf die Höhlenwand vor den Gefangenen.
Der Befreite sieht nun mit eigenen Augen, wie die Schatten entstehen und dass sie nicht die Wahrheit über das Leben und die Welt sind. Alles was er bislang geglaubt hatte, stellt sich gerade als viel zu klein und einseitig heraus. Seine weiterhin angeketteten Freunde wissen von alldem nichts. Für sie besteht die Welt immer noch aus dunklen, zweidimensionalen Figuren.
3. Die Erklärungsversuche
Natürlich berichtet der Befreite seinen Mitbewohnern von seiner Entdeckung. Er wandert aufgeregt vor ihnen auf und ab und erzählt, dass alles was sie ihr Leben lang für wahr hielten, nur ein kleiner Teil der Wirklichkeit ist. Er spricht darüber wie die Illusionen entstehen, wie man die Wahrheit erkennen kann und um wieviel schöner diese ist. Immer wieder fordert er seine alten Freunde auf, aufzustehen und sich ebenfalls dafür zu interessieren. Er führt ihnen sogar vor, was er entdeckt hat. Doch sie können nichts davon verstehen, denn ihre persönlichen Ketten halten sie gefangen.
4. Die Ausgrenzung
Bald darauf geschieht seltsame Wendung. Die ehemaligen Freunde beginnen den Befreiten abzulehnen. Zunächst ignorieren sie seine Berichte, bald darauf argumentieren sie dagegen. Irgendwann stellen sie fest, dass ihre Argumente ihn nicht seinen alten Zustand zurück bringen. Darum beginnen sie damit, seine Begeisterung über die angeblich größere Realität zu verspotten. Als auch dies keinen Einhalt gebietet, werden sie zornig und fragen den Befreiten, ob er überhaupt noch zu ihnen gehören will.
Der Befreite fühlt sich abgelehnt und bestraft, nur weil er über seine Entdeckungen spricht. Das macht ihn so traurig, einsam und unverstanden wie nie zuvor. Immer wieder zweifelt er an sich selbst und an dem was er weiss, seit er seinen Blick befreit hat.
Doch die einmal entdeckte Wahrheit lässt sich nicht mehr leugnen.
5. Die Entscheidung.
Schließlich erkennt der Befreite, dass er eine Entscheidung treffen muss: Entweder unterdrückt er seine Sehnsucht nach dem Licht, setzt sich schweigend zurück an seinen alten Platz in der Gruppe und tut so, als glaubte er weiterhin an die Schattenwelt. Oder er muss sich alleine auf seinen Weg zur Erforschung der neuen Welt machen.
Folgt er seinem Herzen, was gleichzeitig bedeutet die anderen zurück zu lassen und alleine weiter zu gehen? Oder ordnet er sich wieder besseren Wissens deren Weltsicht unter, dafür mit der Sicherheit eines Höhlenlebens? Das eine Leid steht nun einem anderen Leid gegenüber.
6. Das neue Leben.
Der Befreite entscheidet sich, seiner Sehnsucht zu folgen und macht sich auf den Weg zum Höhlenausgang.
Die Welt jenseits der Schatten ist grandios, bunt, hell, fröhlich und verwirrend zugleich. Für den Befreiten wirkt es, als würde das Leben ihm seine Entstehung noch einmal ganz von vorne offenbaren, jetzt mit vollständigen Erklärungen und Bildern, gemalt aus Licht, Farben und Raum. Wissend, dass er eigentlich nichts weiß, dafür aber unendlich viel entdecken kann, geht er seine ersten Schritte. Doch nun lohnt sich jede Mühe, denn jede neue Entdeckung macht ihn glücklich.
Wie war Deine Geschichte in der Höhle?
Vielleicht kennst Du diese Situation und die Entscheidung vor der man beim Eintreffen neuer Erkenntnisse steht. Trotz gemeinsamer Vergangenheit, trotz alter Vertrautheit bist Du gewachsen, hast Dich verändert. Du kannst beim besten Willen nicht mehr so sein wie früher. Weil Dir aber genau das vorgeworfen wird, wird die Situation für Dich immer schwieriger. Und das, obwohl Du nur nach Wissen und Wahrheit strebst.
Folgende Erkenntnisse können Dir Klarheit, Kraft und Zuversicht geben:
- Platons Höhlengleichnis ist 2.400 Jahre alt. Das zeigt Dir, dass es sich um ein ewiges Naturgesetz handelt.
- Es zeigt auch, dass Du nicht unverstanden bist, mit Deinen Erlebnissen, Entdeckungen und Sehnsüchten. Erkenntnis und Weisheit erlebt nicht jeder in gleichem Maße, aber alle, die es so wie Du erleben, werden Dich verstehen.
- Nebenbei verstehst Du nun auch die »Platonische Liebe« besser. Es ist die Liebe eines Menschen zur Wahrheit, Erkenntnis und Weisheit, die innerlich befreiend wirkt. Diese Liebe ist nicht dasselbe wie die zwischenmenschliche Liebe, die innerlich bindend wirkt. Im Idealfall vereint Dich mit einem Menschen sowohl die menschliche Liebe als auch die platonische Liebe gleichzeitig. Sich auf körperlicher, geistiger und seelischer Ebene gleichermaßen zu verbinden, ist größte Beziehungsglück auf Erden.
- Ein gutes Leben ist ein Leben mit Kontakt zu Menschen, die ebenfalls auf dem Weg der Befreiung aus der Höhle sind. Nur sie können Dich wirklich verstehen. Nur bei ihnen und in der gemeinsamen Liebe zur Weisheit wird Deine Seele eine Heimat finden.